Y-Bayani & Baby Naa and The Band Of Enlightenment, Reason & Love
„Nsie Nsie“
(Philophon – 2020)
Das ganze Ding war aus Zufall geboren, sagte Max Weissenfeldt, die treibende Kraft, die dieses musikalische Kleinod erst ermöglichte. Anstatt die Gruppe The Band Of Enlightenment, Reason & Love, hätte er sie genauso gut The Band of Coincidence, Fortune and Chance nennen können, fügte er hinzu. Denn Max, ein Multiinstrumentalist und Produzent und eigentlich ein Jazz-Fan, schlitterte allmählich in diese Reggae-Sache durch seinen Freund Josie Coppola, den Schlagzeuger bei Gentleman, als er vor acht Jahren sein Studio in Berlin eröffnete. Die beiden machten ein paar Aufnahmen, die später zur Grundlage für dieses Album werden sollten.
Aber davor stand Max Weissenfeldt erst eine afrikanische Odyssee voller zufälliger Begegnungen und überraschender Erkenntnisse bevor und eine Geschichte, die wohl so, nur in Afrika, genauer gesagt Ghana, stattfinden kann. Bei seinem Trip dorthin vor vier Jahren, wo Max seinen Kumpel Jimmy Taylor (den Sohn von Afrobeat-Legende Ebo Taylor) besuchte, stolperte er über diesen Sänger Yusef Hussain mit seiner sehnsuchtsvollen Stimme (den späteren Y-Bayani), der nur über einen Song in seinem Repertoire verfügte. Der Song hieß „Asembi Ara Amba“ und war gar nicht für Reggae gedacht, aber auf Weissenfeldts Vorschlag wurde daraus ein großartiges – und erfolgreiches dazu – Afro-Reggae Stück mit schlingelnden Bassläufen, lebhafter Polyrhythmik und einer Moll-behafteten, infektiös-melodiösen, sich hin und her wälzenden Gitarrenmelodie.
Bei seinem nächsten Besuch in Ghana ein Jahr später, also 2017, machte Max in seinem Hotelzimmer (?!) die Aufnahme für einen weiteren Song, den „Rehwe Mi Enyim“, eine psychedelische und geräumige Nummer mit Hintergrundrascheln und sich drehender Rhythmik. Als die ursprüngliche Sängerin, die mit Y-Bayani das Duett bilden sollte, nicht erschienen ist, bat er kurzerhand seine Bekannte Naomi Addy, eine Kirchensängerin mit unverbraucht sensiblem Gesang und spätere Baby Naa, einzuspringen. Die beiden harmonierten so überzeugend darauf, dass sie an das malische Kult-Duo Amadou & Mariam erinnern.
Die Besatzung wurde damit endgültig komplett und der Weg stand frei für das Album „Nsie Nsie“, dessen Inhaltsstoffe sich aus einer exotischen Mischung aus erdigem, vollanalogem Reggae (oder auch dem frühen Reggae, wie in der mitreißenden „Get Away“), lebhaftem Jazz und einer Menge afrikanischer Einflüsse zusammensetzten. Diese äußern sich vornehmlich im Gebrauch von Vibrafon, das in seiner Verspieltheit, wie im Instrumentalstück „Mi Sumolo“, den afrikanischen Balafon widerspiegelt. In „Asafo Weyasi“ sind zudem Afro-Funk Einflüsse der 70er mit dessen spacigen Keyboard-Eskalationen zu vernehmen.
Mit „Zooba Maka“ ufert das, ansonsten fest im Roots Reggae verankertes Album, sogar in eine unbändige Tanzeinlage mit den, die Motorik antreibenden, Beats. Aber auch die freudigen, voluminösen Bläsersätze geben sowohl die afrikanische Lebensfreude, als auch die typische erhebende Melancholie des Albums wieder, das zwangsläufig den Daumen in die senkrechte Position anheben lässt.
Zvjezdan Markovic
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