Alpha Blondy „Human Race“ (Wagram)

Alpha Blondy
„Human Race“
(Wagram – 2018)

Alpha Blondy

Als afrikanischen Bob Marley nannte, beziehungsweise nennt man ihn immer noch, denn auch nach einer rund dreißigjährigen Karriere denkt Alpha Blody (mit bürgerlichem Namen Seydou Koné) nicht ans Aufhören. Im Gegenteil, sein neues, mittlerweile fünfundzwanzigstes offizielles Album beginnt mit wilden, unbezähmbaren Gitarrenriffs, bevor sie in einem dynamischen Strudel aus typisch afrikanisch vielschichtigen Rhythmen und Melodien aufgehen in „Political Brouhaha“ – einem klassischen Alpha Blondy Song, in dem er über die Verlogenheit der Politik herzieht. An Inspiration fällt es diesem, von der Elfenbeinküste stammenden Sänger, offenbar nicht. Wie denn auch?! Wo sonst kann man all die Scheiße, die in der ganzen Welt gerade passiert, konzentriert auf einem Kontinent vorfinden, den in Afrika? Hungersnöte, Kriege, Korruption, Misswirtschaft… alles ist da.

Also holt der Alpha Blondy im neuen Album „Human Race“ zu noch einem Rundumschlag gegen Missstände aus, nicht nur auf seinem Heimatkontinent, sondern auch drüber hinaus. Dabei speist sich seine Musik aus einem schier unerschöpflichen afrikanischen Musikreservoir, in der er lokale Einflüsse mit globalen Reggae, Rock und Pop Elementen kombiniert. Ein durch und durch Alpha Blondy-Album also, mit vielen ineinander geflochtenen Musiktraditionen, multilingual und mit universellen Botschaften von Versöhnung, Einigkeit und Gleichheit durchzogen, der alle Vorzüge und – diesmal – erstaunlich wenige Mängel aufweist. Dafür haben die mit verzehrten Gitarren-Sounds durchsetzten Arrangements gesorgt, das Erinnerungen an sein etwas rockiger ausgerichtetes Album „Grand Bassam Rock“ aus der Mitte der neunziger weckt. Allen voran der Led Zeppelin-Cover im Reggae-Gewand „Whole Lotta Love“ sticht dabei heraus.

Abgesehen von etwas weicher daherkommenden „Life“, wo eine idyllisch klingende Flöte die Hauptrolle spielt, gibt sich dieser alte Haudegen des afrikanischen Reggae, dem auch Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt nicht fremd ist, äußerst kantig und engagiert. Das beste Beispiel ist die von ihm mit Wut hinaus geschriene „Le païens“. Vielleicht ist genau diese unvorhersehbare Natur Alpha Blondys verantwortlich dafür, dass er immer für eine Überraschung gut ist? So wie in „Oté fé“, wo er sich die senegalesische Musiklegende Youssou N’Dour mit ans Mikrofon geholt hat. Oder in „Alphaman Redemption“ mit Angélique Kidjo als Mitsängerin, die mit ihrem exotischen Gesang einen Hauch von afrikanischem Folk mit hineinbrachte. Den, auch wenn die musikalische Rezeptur von „Human Race“ im Großen und Ganzen nicht von Blondys bisheriger Diskografie abweicht, schafft es dieser mittlerweile Fünfundsechzigjährige hier, hin und wieder frisch und interessant zu klingen, wie zum Beginn seiner Laufbahn.

Dies war weniger der Fall in seinen vorhergehenden Alben „Mystic Power“ und teilweise auch noch in „Positive Energy“, wo er sich zu sehr auf Allgemeinplätze verlassen hat und die zu routiniert, wie am Band produziert daherkamen. Auf „Human Race“ hat der ‘African Rasta’ scheinbar nun doch zur alter Stärke wiedergefunden. Und diesmal hat er sich sogar einen Grafiker für das Cover geholt, was der Kollege Karsten, zu Recht, bei dem Letzten bemängelt hat.

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)