Morgan Heritage
“Loyalty”
(CTBC Music Group – 2019)
Sie sind auf der ganzen Welt tätig. Jeder geht einer Aufgabe nach. Der eine hebt das Rating durch gemein nützliche Projekte, der andere betreibt Werbung für die firmeneigenen Cannabisprodukte (CBD) und der Dritte ist daheim in Miami geblieben und kümmert sich um die Ernte. Ein zweites Standbein neben Musikgeschäft ist wichtig und sie betrachten sich ohnehin als Brand. Deswegen mussten viele Soundfiles bis zur Fertigstellung dieses neuen Albums durch den Äther hin und her fliegen. Die Technologie macht’s möglich. Daher auch der Titel ihres neuen Albums: „Loyalty“, mit dem die, mittlerweile auf drei Stück reduzierten Morgan-Brüder ihre Treue zu der Familientradition bekunden wollen. Heritage 4 life – wie sie sagen würden.
Es ist eben eine perfekt eingespielte Maschinerie, die stetig Gewinne abwirft. Seit ihren Anfängen in den frühen 90ern war Morgan Heritage in der Tat mehr als eine Band. Es wurde vom Familienoberhaupt Denroy Morgan als ein Unternehmen geführt. Dieser war schon früh in seiner Sänger-Karriere von Jamaika aus nach USA ausgewandert, wo er überwiegend mit singen von Cover-Songs Erfolg hatte und seine zahlenmäßig große Sippschaft gründete. Er achtete stets darauf, seinen Kindern das Musik-Handwerk mit auf den Weg zu geben. Dies zahlte sich dann schließlich aus und Morgan Heritage wurde eine der bekanntesten Modern Roots Bands mit Grammy-Auszeichnungen und gefeierten Tourneen.
Sie können auch sogar gute Songs schreiben, wenn sie wollen. So wie „Bedrock“, einer hervorragenden Roots-Hymne, die das neue Album eröffnet. Nach einem kurzen Intro, „CBTC Radio“ genannt, in dem ihr Grammy-Kollege und einer der vielen Feature-Gäste auf dem Album, Jeff Koinange im Stile eines widerlichen Werbe-Ansagers übertrieben und klebrig die Familien-Band anpreist. Es ergibt Sinn, denn ihr neues Album „Loyalty“ hat durchaus die Züge eines perfekt inszenierten Freizeit-Parks, frei nach der amerikanischen Unternehmensphilosophie, die sich schon ihr Vater Denroy angeeignet hat. Für (fast) jeden Geschmack ist etwas dabei – und somit für keinen so richtig.
Es handelt sich fast ausschließlich also um gut durchdachte, massentaugliche Ware, die bemüht ist, lediglich gängige Klischees von Liebe, Frieden und Harmonie zu bedienen. Mit geübter Leichtigkeit schütteln die Brüder Gramps, Peetah und Mr. Mojo platte Reggae, Dancehall, R&B und Soul Nummern nach Baukastenprinzip aus den Ärmeln, die in erster Linie als Imagepflege eines globalisierten Unternehmens zu deuten sind. Die Richtlinien wurden dabei schon von ihrem Vater und Firmen-CEO vorgegeben. Es ist ein internationalisierter Sound, der den ursprünglichen Reggae hinter sich gelassen zu haben glaubt und nun den größtmöglichen Anspruch erhebt, alle zu erreichen. Also werden in „Give It To Me“ mit Popcaan aktuelle Latino und Reggaeton Einflüsse bemüht. Dabei fällt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Euro-Dance der 90er auf, was genauso abgedroschen klingt, wie damals.
Für Liebhaber von Hüftschwingungen werden in dem harten Dancehall-Stück Soundbwoy und Diamond Platnumz eingespannt. Daneben im Regal steht eine akustische Heimweh-Ballade „Home“ mit Esh Morgan parat – Lagerfeuerromantik im Paket inbegriffen. Obligatorische Afrika-Ode darf dabei auch nicht fehlen („Africa We Seh“). Ganz tief unten in der Mainstream-Gosse haben sich die Morgans mit „Beach and Country“ angesiedelt, einem seichten Pop-Reggae Abklatsch, das so viele Gemeinplätze aufweist, dass sie allein schon deswegen einen Grammy-Preis verdienen! Es ist hier ein wenig so, wie im amerikanischen Walmart, wo alles angeboten wird, von Sturmgewehren bis hin zu veganen Gummibärchen. Die Musik von Morgan Heritage hat dabei ungefähr die gleiche Wirkung wie ihre homöopathischen CBD-Produkte – wirkt im besten Falle nur, wenn man daran glaubt.
Zvjezdan Markovic
Ach das leben kann so schön sein. Mein halbes Leben lang habe ich mich schon gefragt, “was finden die Leute an Morgan Heritage ?” Ok, ja zwischendurch immer mal wieder auch ein Tune der ganz passabel war aber im Großen und Ganzen könnte mein Eindruck von Morgan Heritage nicht besser zusammengefast werden als durch diesen schönen Verriss hier. “Homöopathischer Reggae” …… besser kann man es wohl nicht auf den Punkt bringen.
Mir fällt langsam auf, das mein einziger positiver Kommentar hier schon eine Weile her ist. Das war nicht, um mich hier einzuschleimen, sondern weil meine Begeisterung für “The Groove” und “The Hills” von Nazamba wirklich echt war und ich mich auch heute noch und wohl bis zum Ende meiner Tage sehr über diesen Tip freue. Seitdem kommen von mir aber nur noch “BadVibes” in Form von enttäuschten Kommentaren. Dazu kommen noch einige ( schöne ) Verrisse von den Schreibern von Irie Ites. Legt für mich den Verdacht nahe, das im Moment mal wieder so eine kleine Reggaeflaute herrscht. Diese Flaute beschränkt sich aber wohl nur auf viele neue Veröffentlichungen und hat damit auch sein gutes, denn dann hat man wieder mehr Zeit für die Scheiben die man schon kennt aber eben noch nicht oft genug gehört hat.
CBD ist nicht mein Ding. Ich glaube an euch …………. lemmi
Das würde ich so nicht vollumfänglich unterschreiben, auch wenn die Ratio aus “Anzahl der Releases” vs. “Haut mich vom Hocker” vllt. schon mal besser war.
Ich komme aktuell nicht zum Schreiben, aber eine frische Scheibe die mir schon sehr ans Herz gewachsen ist, ist z.B. die 12″ “Deliver” von Marcus Gad – besonders der Dub:
https://www.discogs.com/Marcus-Gad-Guru-Pope-Zulu-Vibes-Deliver-Forward-Ever/release/13777986
Die Vin Gordon / Breadwinner-Sachen habt ihr ja schon durchdiskutiert. Auch Hammer.
Die neue Dubkasm Scheibe “Shady Grove” ist auch Killer. Über die schreibe ich auch noch was.
Ebenso kannst du dir mal das Album von “Claude Fontaine” reinziehen. Das ist zwar Geschmackssache, aber für mich in manchen Aspekten (nicht in allen) ein Hochkaräter diesen Jahres.
Cheers
Thomas
“Ebenso kannst du dir mal das Album von “Claude Fontaine” reinziehen. Das ist zwar Geschmackssache, aber für mich in manchen Aspekten (nicht in allen) ein Hochkaräter diesen Jahres.”
Na hör mal, du sprichst hier mit einem echten Experten ( is nur spass aber ernst gemeint ) …. Diese Scheibe steht natürlich längst bei mir Zuhause !!!
Die junge Dame haucht schon ziemlich niedlich vor sich hin aber da sind RIDDIMS drauf. Wer auch immer die Riddims ( die ersten 5 😉 ) da einspielt, weiß genau, wie ich mir den Reggae wünsche. Aber auch der Gesang geht mir gut rein. Vor allem plärrt die nicht so rum, wie so viele andere Mädels aber auch Typen. Dein Tip von Marcus Gad ist auch nicht schlecht aber mein – bisher – unangefochtener Favorit von ihm ist “Keep Cool” !!! Der Tune ist ein Hammer !!!
Von Dir ist ja auch der Tip mit “The Groove / The Hills” ….. unser Geschmack könnte sich eher treffen, als so manch anderer hier.
Das könnte man jetzt auch wieder so verstehen, als ob ich meinen würde,das mir alle anderen Tips egal sind. Nein ! Immer her mit euren Tips.
@ lemmi,
ich denke, dass es schon gute neue Platten gibt. Aber ich schreibe ab und zu gerne auch über Alben, die nicht so gut sind, bzw ich nicht für gut halte. Ich finde, es gibt ohnehin viel zu viele positive Reviews, die sich zum Teil wie Werbe- oder Promotexte lesen. Da ist mir eine ehrliche und stichhaltige Kritik lieber.
Deshalb schrieb ich ja auch, “das Leben kann so schön sein”. Lieber eine ehrliche Kritik, als immer nur alles schön reden. Am besten fühlt sich das immer an, wenn es auch andere so empfinden wie man selbst.
Greetings ……… lemmi