Manasseh meets Praise „Manasseh meets Praise“ (Roots Garden Records)

Manasseh meets Praise
„Manasseh meets Praise“
(Roots Garden Records – 2020)

Es mag zwar etwas befremdlich erscheinen, aber die Geschichte von Dub und Streichinstrumenten reicht weiter zurück, als man vielleicht denken könnte. Bereits King Tubby hatte in den 70ern eine „Dub Conference“-Serie mit dem Produzenten Harry Moodie abgehalten, wobei auch eine Streichersektion zum Einsatz kam. Und „Dub With Strings“ hieß auch ein Album von Twinkle Brothers aus den 90ern, wo Geigen und Cellos zu hören waren.

Auf demselben oder zumindest ähnlichen Pfand begibt sich nun auch der englische Dub-Producer Nick Manasseh, der auf eine dreißigjährige Karriere als Dubhead zurückblicken kann, in seiner Kollaboration mit dem Violine- und Violaspieler Praise. Dieser ist ein klassisch ausgebildeter Violinist, der schon mit Ravi Shankar und Gorillaz zusammengearbeitet hat, der aber genauso eine Vorliebe für Reggae und Dub hegt. Im „Manasseh Meets Praise“-Album geht es um Gegensätzlichkeiten und wie diese in Einklang gebracht werden können. Es ist das Resultat einer zehnjährigen Zusammenarbeit zwischen den beiden in der sie den rhythmusbetonten Dub und die melodieschwere Klassik zusammenbringen.

„Dub With Difference“ heißt bezeichnenderweise auch ein Track, der in sich so ziemlich alles vereint, was die Andersartigkeit des Albums ausmacht. Während am Anfang eine akustische Gitarre den typischen Reggae-Skank anstimmt und die Stimme von Earl16 zu hören ist, kommen im weiteren Verlauf die Posaune von Vin Gordon und die Streichereinlagen von Praise hinzu. In darauffolgendem „Circus Clown“ begleiten den schwermütigen (Off)Beat Manassehs eine luftige Flötenmelodie (gespielt von Nathan ‚Flutebox’ Lee) und Praises triste Streicherästhetik.

Die Akkumulation von verschiedenen Gemütszuständen auf dem Album ist beträchtlich und ist vornehmlich der Rolle von Praise geschuldet, der sowohl die tiefste Wehmut, als auch die höchste Verzücktheit aus seinen Streichinstrumenten hervorzubringen vermag. Darunter haut Nick Manasseh mit dem Bass-Hammer ein und baut ein festes Mauerwerk aus standfesten UK-Dub Beats, die mal den Jah Shakas Warrior Style wiedergeben können, wie in „Nathan The Prophet“. Oder auch experimentell mit vertrackten Rhythmen wie in „Ice Man Talking“ oder „No More Struggle“ aufwarten können.

Obendrein mischt Manasseh in das Ganze den zittrigen Sound von Theremin und gelegentliche Melodica-Einlagen ein als Zulage um den Sound abzurunden, der dazu dienen soll – so Manasseh und Praise –, die Ruhe im chaotischen Stadtleben wiederzugeben oder sie zu ermöglichen. Und es funktioniert tatsächlich.

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)