Memoria
“Startline ”
(Cesaraugusto Music/Memoria GbR – 2018)
Hier bin ich auf mehreren Ebenen fasziniert: Dass eine EP so viele verschiedene Stile enthält. Dass die Band noch recht frisch im Business ist und doch sehr professionell organisiert ist. Dass ein Independent-Debüt schon so perfekt produziert ist – guter Sound, satte Abmischung, sauberes Mastering.
Made in Germany
Dass das Ganze aus Deutschland kommt. Das fasziniert mich auch. Denn in den letzten Jahren verband man das Kennzeichen “D” nicht mehr so ganz mit dem Mekka für Reggae, noch weniger für Ska – trotz unserer zahlreichen Festivals, um die uns die Nachbarländer (quantitativ 😉 ) beneiden können.
Memoria sind nett, Memoria liefern Substanz, und jeder dieser sieben vorliegenden Songs hat seinen jeweils eigenständigen Charakter. Da haben wir einmal von hinten her:
Track by Track: “Celebration Time”
“Celebration time inna Cologne …”, 2018 bisher mein zweitliebster Song unter allen, obwohl er doch schon von 2017 ist. Lässt sich so “taggen”: Raggamuffin, harte Drums, Marimba (eine von einer Marimba getragene Melodielinie entlang der harten Drums), Party Tune, perfect coolness, angenehme Stimme (hier männlich, wechselt in der Band aber schön durch). From Miami to Bangkok? Überall ist “Celebration Time”.
Lädt zum Tanzen, Herumspringen, Mitwippen, Mitsingen, Feiern, Reisen, Lächeln, Strahlen, sich auf Köln Freuen ein.
Shake what your Mama gave you!
möchte ich “Dancehall-Terroristin” TriXstar zitieren. Apropos – was macht sie eigentlich? In der deutschen Szene schlummern ja doch einige motivierte Talente?!
So weit zu Track 7. Weiter von hinten her mit No. 6…
Track by Track: “Just Wine”
Nummer 6: “Just Wine”. Das ist ein Dancehall Tune klassischer Natur. Würde ich mich im Dancehall so kompetent fühlen, dass ich als DJ auflegen würde, griffe ich danach zu diesem aktuellen Tune [REMEDY verlinken]. Auch die Train To Roots aus Italien fallen mir stimmungsmäßig ein, Eek A Mouse oder Skarra Mucci. Übrigens kann man sowohl Skarra Mucci als auch Memoria beim Summerjam-Festival vom 6.-8.7.2018 sehen. Und, wo Skarra Mucci schon 2017 war, auf dem Sunrise Festival, sind nun 2018 Memoria.
Track by Track: “Lucha commigo”
Wunderschöne, melancholische Ballade. Zeigt, wie es auch Dactah Chando immer wieder beweist, wie schön ein dubbiges Musikbett in Verbindung mit der spanischen Sprache wirkt. Umsetzungstrick bei dem Song: Zwischen Lead-Gesang und Background-Gesang wird nicht unterschieden. Beides geht immer wieder geschickt ineinander über. Für instrumentale Passagen ist viel Zeit, der Song strahlt eine Stimmung aus, die wirklich “conscious” ist, obwohl’s mit klassischem Roots-Zeug wenig gemeinsam hat. Memoria ist eine der Bands, bei der ich immer wieder Liebe zur Musik und zu musikalischen Details und gemeinsamem Musizieren feststelle. Selbstverständlich ist das nicht, ohne jetzt Namen zu nennen…
Klick-Tipp:
Songs aus diesem Album sind drin in der Irieites-Open-Spotify-Playlist “Irieites – Alles neu macht der Mai” mit Neuheiten aus dem Frühjahr 2018.
Im Satz vorher auf -> “Alles neu macht…” klicken, mit “In neuem Tab öffnen” -> dann kommt die Frage, ob ihr euch anmelden wollt.
Track by Track: “Babylon”
Ruhiges Mittelstück auf der 7-Track-EP. Mich erinnert das Lied dem Stil nach an Groundation. Schleichender Titel, gute Bläserakzente in der zweiten Hälfte. Dub-Effekte. Schön gemacht!
Track by Track: “Legalize My Mary”
Themensong zur Legalisierung von Cannabis, in mittelschnellem Tempo gespielt, klassischem jamaikanischen Ska à la Prince Buster vom Rhythmus her entsprechend. Arbeitet mit Stimmverzerr- und Keyboard-Synthie-Echo-Effekten. Sehr schön auch der weiblich-männliche Wechselgesang, auch hier sehr gut eingesetzte Echo-Effekte. Unterm Strich trotz der elektronischen Tricks ein akustisch und handgestrickt wirkender Titel.
Track by Track: “Royal Soldiers”
Auf Track 2 der EP sind Keyboards, Drums und Bass im Vordergrund und pluckern als trockener, harter Raggamuffin los. Die Background-Gesänge sind unverzichtbar. Wie wichtig es ist, Background Vocals nicht als vom Himmel gefallenes Kompositionsübel einzusetzen, sondern bewusst und mit Stil, führen Memoria hier sehr schön vor (Aufnahme ist allerdings etwas übersteuert, ein Video-Bootleg).
Track by Track: “Startline”
Das lange Intro zu “Startline”, scheint ein paar Anklänge an Cumbia-Sound aus Kolumbien oder Venezuela zu haben. Die Bläsersätze sind charakteristisch für diesen, bisher wohl bekanntesten Song des Kollektivs.
Mehr über das Summerjam-Line-Up mit Memoria und mit Skarra Mucci https://www.irieites.de/wordpress/?p=19434 in den verlinkten Vorschau-Beiträgen.
Philipp Kause
Link: https://cesaraugusto.de/