Hibration Soundsystem, Hamburg


Dieses Soundsystem-Interview ist ein Teil einer Reihe. Weitere Interviews findest du fortan in unserer Kategorie Soundsystem Culture.


Hibration Soundsystem, Hamburg

Hamburg hat seit vielen Jahren eine vielseitige und traditionsreiche Soundsystem Szene. Ein wichtiger Teil davon ist die Hibration Soundsystem Crew. Wir freuen uns sehr, mehr über die große und lebendige Crew an der Elbe erfahren zu dürfen.

Seit wann existiert eure Crew und wie ist sie entstanden?

Wir hoffen, ihr habt etwas Zeit mitgebracht – unsere Crew ist groß und unsere Geschichte ist lang … Wir holen jetzt mal ganz weit aus. Die Anfänge der Hibration Soundsystem Crew liegen im Dubcafé in der Roten Flora. Dort haben einige von uns auch abgehangen. Um das Jahr 2000 herum gab es fast jede Woche eine Dub Session mit Soundsystem in Hamburg. Jedoch waren Dub und Soundsystem zu der Zeit schon auf dem absteigenden Ast, weil die Massive sich immer mehr für Dancehall interessierte.
Um 2005 herum hat sich dann die erste Crew formiert, aus der später das Hibration Soundsystem entstanden ist. Wir haben jede Woche das Dubcafé veranstaltet und viele Dub-Partys in der Roten Flora organisiert. Dadurch haben wir schon immer ein großes Umfeld an Helfenden gehabt. Durch Veranstaltungen wie dem Alternativen Hafengeburtstag oder 48h-Wilhelmsburg haben wir viele neue Leute kennen gelernt, von denen einige auch Teil der Hibration-Crew geworden sind. Wir sind inzwischen eine ziemlich große, diverse Gruppe, mit Frauen, nicht-binären Personen und Männern aus Hamburg, Süddeutschland, Frankreich und Mittelamerika.

Und wann habt ihr euer Soundsystem gebaut? Was hat euch dazu motiviert?

Im Jahr 2009 haben wir das erste mal eine kleine, gemietete PA beim Alternativen Hafengeburtstag in Hamburg aufgestellt und ein Wochenende lang Sound gemacht. Das war zwar ganz nett, hat uns aber 600 Euro Miete gekostet und das war für uns nicht der richtige Weg. In den Jahren danach haben wir als Crew ein bisschen gespart und bei einer befreundeten Veranstaltungsfirma den ersten Grundstock für das Hibration Soundsystem erworben. Unter anderem 12 Lautsprecher für Sub- und Kickbass, zwei Doppel-15er Mitten und für die Höhen die lautesten 2ʺ JBL Treiber, die je gebaut wurden. Wir haben die alten Gehäuse dann überarbeitet, teilweise neue Treiber eingebaut und das Amp Rack zusammengestellt. Im Mai 2012 haben wir beim Alternativen Hafengeburtstag das erste Mal auf dem „neuen“ Soundsystem gespielt. Das hat schon für gewisses Aufsehen gesorgt und auch zu einem Zustrom an neuen Leuten geführt. Wir haben damit auch einen Impuls in der Hamburger Dub Szene gesetzt, so dass in den nächsten Jahren viele neue Soundsystem-Crews in Hamburg entstanden sind.

Wo wart ihr bislang aktiv? Habt ihr reguläre Dances, womöglich in einer Homebase?

In unserer zehnjährigen Geschichte haben wir schon in einigen Hamburger Locations Veranstaltungen gemacht. Unsere größten Veranstaltungen sind die „Soundsystem Yards“ beim Alternativen Hafengeburtstag und bei 48h-Wilhelmsburg. Vor zehn Jahren gab es auch noch die Soulkitchen-Halle, wo wir zusammen mit Harlekinsound die „All Steps of Dub“ Reihe veranstaltet haben. Aber auch im Gängeviertel, auf dem Kiez, im Moloch, im TurTur, in Jugendzentren und Stadtteilkulturzentren haben wir schon Sessions gespielt. Natürlich fühlen wir uns mit der Roten Flora verbunden, auch wenn wir dort heute nicht mehr so viele Partys mit Soundsystem wie früher veranstalten. Seit einigen Jahren haben wir unsere “Homebase” in einem selbstverwalteten Freiraum an der Uni Hamburg. Dort organisieren wir unsere reguläre Party „Dub University Café Knallhart“ und stellen unser Soundsystem auch anderen Veranstalter*Innen zur Verfügung.

Und wie habt ihr die Zeit während der Corona-Pandemie genutzt?

Durch Corona ist das Internet zu einer Location für Musik-Veranstaltungen geworden. Für den Hafengeburtstag 2020 haben wir zusammen mit befreundeten Soundsystems eine große Reihe von Mixen herausgebracht. In diesem Zusammenhang haben wir für Menschen aus unserem Umfeld, die durch die Auswirkungen der Pandemie in Not geraten sind, Spenden gesammelt.
Letztes Jahr im Mai 2021 haben wir eine Online-Party veranstaltet, die wie der alternative Hafengeburtstag zwei Tage gedauert hat. Das war ein großes Zoom Meeting mit mehreren Räumen, so dass das Publikum zwischen verschiedenen Floors hin- und herwechseln konnte und auch mittels Chat und Kamera aktiv teilnehmen konnten. Das Line-up war gefüllt mit befreundeten Sounds aus ganz Deutschland und keiner von uns hätte vorher geglaubt, dass ein Online-Event so viel Spaß machen kann. Nebenbei haben wir noch Spenden für die No Border Kitchen Lesvos und das Café Exil in Hamburg gesammelt. Aber natürlich freuen wir uns, dass wir jetzt (im Sommer 2022) wieder richtige Partys veranstalten können. Hoffentlich bleibt das erstmal so … !

Wie seid ihr das erste Mal mit dem Thema Soundsystem in Berührung gekommen?

Auf diese Frage hat bestimmt jedes Crew-Member eine andere Antwort. Aber die Gründergeneration aus dem Dubcafé Umfeld hat Anfang der 2000er Jahre in Hamburg eine gut aufgestellte Soundsystem-Szene genossen. Wir waren ständig auf Sessions, z.B. von I-Livity I-Fi, Shantytown Soundsystem, Re-Ignition Sound und noch einigen Crews, die ohne Soundsystem aufgelegt haben. So einen tiefen und lauten Bass zu hören, ist sicher für jeden Menschen ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst. Und im Kontrast zu vielen Dancehall-Partys ist die Stimmung auch eher entspannt und respektvoll. Manch anderes Mitglied unserer Crew ist auf einer Veranstaltung von Hibration Soundsystem oder auch dem Dubcafé in der Roten Flora das erste Mal mit dem Thema Soundsystem in Berührung gekommen.

Was begeistert euch an der Soundsystem-Kultur?

Was ist denn überhaupt die Soundsystem Kultur? Die ersten kleinen Soundsystems auf Jamaica dienten als Werbung, um mehr Kundschaft in die eigene Schnapsbar zu manövrieren. Es wurde R’n’B aus den USA gespielt, bevor es Mento, Ska oder Reggae gab. Die großen jamaikanischen Soundsystems wurden in den 1970er und 1980er Jahren von Musik-Produzenten und Labelchefs betrieben, um die eigene Musik im Dance auszuprobieren und zu promoten. Auf Jamaica war Soundsystem also durchaus Bestandteil der Mainstream Musik-Kultur.
Ein anderes Bild ergibt sich, wenn wir auf die Geschichte der UK-Soundsystem Kultur werfen. Dort war die Soundsystem Szene gezwungen, im Untergrund zu agieren und Dances versteckt und heimlich abzuhalten. Es ging darum, einen Treffpunkt für die jamaikanischen Bürger des Commonwealth zu schaffen, die außerhalb ihrer Wohnung ständig unter rassistischen Angriffen ihrer weißen* Mitbürger*Innen zu leiden hatten. Es ging darum, die eigene Kultur zu bewahren und einen Ort zu haben, an dem man Gleichgesinnte und Freund*Innen treffen konnte. In den 1980ern entwickelte sich eine lebhafte Clash Kultur in der UK Soundsystem Szene. Soundsystems wie Jah Tubbys, Jah Shaka, King Earthquake und viele andere bekämpften sich erbittert im Dance. Heute verbinden wir Dub Sessions mit einer Atmosphäre von „Love & Respect“ – aber diese Haltung setzte sich erst in den 1990er Jahren durch, als die Dub-Soundsystem Szene in UK am Boden lag weil die Massive nur noch auf Dancehall-Veranstaltungen rannte. Der Wendepunkt für die UK Dub Soundsystem Szene war Ende der 1990er erreicht, als die Dances von Jah Shaka in London zunehmend von weißen* Student*Innen besucht wurden. Artists wie die Disciples, Alpha & Omega, Bush Chemists und Vibronics fingen an, ihre weiße* Version von Dub zu produzieren. King Shiloh exportierte diese Variante von Dub Soundsystem nach Amsterdam und inspirierte damit hunderte Kids auf dem Festland, auch mit Dub Soundsystem anzufangen. Die Soundsystem Kultur ist also seit den 1950er Jahren ständig im Wandel und es existierten stets verschiedenste Soundsystem Kulturen nebeneinander.
Wenn wir jetzt auf unsere Crew schauen, dann leben wir weder auf Jamaica, noch sind wir eine unterdrückte und diskriminierte Gruppe in UK. Die ganze deutsche Soundsystem Szene ist schon eine ziemlich weiß-deutsche cis-männliche Wohlstands-Veranstaltung, besonders im Vergleich zur UK-Dub Szene der 1980er. Wir stehen auf den unkommerziellen DIY Spirit der frühen UK Szene. Unsere Wurzeln liegen ursprünglich im autonomen Zentrum Rote Flora, wo Selbstorganisation im politischen Kontext das zentrale Thema ist. Wir haben uns als Kollektiv organisiert, die Anlage und die Technik sind kein Privateigentum, bei den meisten Veranstaltungen von uns ist der Eintritt frei und die Getränke auf Spendenbasis. Bei Hibration Soundsystem geht es um selbstorganisierte Kultur von unten, wo alle das gleiche Mitspracherecht haben – verbunden mit dem Bestreben, einen saferen Space zu schaffen, in dem sich alle Menschen wohlfühlen und feiern können. Wir setzen uns aktiv für eine Szene ohne Seximus, Rassismus und Homophobie ein. Wir haben auch angefangen uns mit dem Thema kulturelle Aneignung sowie Gleichstellung aller Menschen auseinanderzusetzen.

Habt ihr bei euren Selections Vorlieben? Welche Musik ist bei euren Dances zu hören?

Unsere Crew ist sehr groß und bunt gewürfelt. Dementsprechend vielfältig sind die Geschmäcker und Plattensammlungen. Jede*r von uns hat natürlich eigene Lieblings-Artists. Wir haben mal als Reggae / Dub / Steppers Soundsystem angefangen. Aber der Kreis an befreundeten DJs ist groß und je nachdem, wer gerade an den Decks steht, landen auch Rocksteady, Modern Roots, Dubstep oder sogar Breakbeats, Grime und Hip Hop auf den Plattentellern.
Seit einiger Zeit haben wir auch weibliche und nicht-binäre DJs in der Crew und an den Decks. Seitdem gibt es bei Hibration vermehrt Musik von Female Artists zu hören, bis hin zu Selections die vollständig aus Tunes bestehen, die von Female Artists produziert oder eingesungen wurden. Inzwischen schauen wir sehr auf die Inhalte, die von den Artists und Produzent*Innen transportiert werden. Auch sogenannte „Conscious Tunes” können Homophobie, Sexismus oder andere diskriminierende Inhalte transportieren. Das wollen wir nicht spielen. Wir haben auch einige Produzenten in unseren Reihen, unter Anderem JahYu, Günta Muffin, Soljah, Haghbin und WaadaaDub. Leider können wir an dieser Stelle noch keine Produzentinnen nennen.

Gab es bei euren bisherigen Veranstaltungen schon Gäste? Andere Soundsystems und/oder Künstler*Innen/ Produzent*Innen?

Da wir keinen Zugang zu kommerziellen Locations haben, sondern immer auf Soli-Basis spielen, gibt es auch kein Budget für Bookings. Daher booken wir vor allem Artists und Soundsystems, die wir persönlich kennen. Unser Crew Member HiYa FiYa hat während seines Studiums in UK viel mit Solo Banton abgehangen und so haben wir 2009 die Album-Release Party für „Walk like Rasta“ in der Roten Flora veranstaltet.
Alpha Steppa hat ein legendäres Set beim Alternativen Hafengeburtstag gespielt und mit Dub Dynasty haben wir großartige musikalische Momente in der Roten Flora erlebt. Steve Vibronics und Madu Messenger wollten von uns alles über selbstverwaltete Strukturen in Hamburg wissen, als sie bei uns gespielt haben. Kurz vor den Lockdowns hat Lioness Awake aus München unsere DUCK-Crowd zum Dancen gebracht.
Am Wichtigsten ist uns aber das Netzwerk mit anderen Soundsystems vor Ort. Große Open Air Veranstaltungen wie den Alternativen Hafengeburtstag oder 48h-Wilhelmsburg könnten wir gar nicht alleine durchführen. Darum arbeiten wir zu solchen Anlässen mit vielen Crews zusammen, zum Beispiel mit Sub:District, Harlekinsound, Step by Step, YY Hi-Fi, Solid Mojo, Satta Dub aus Jena, Wobadub aus Kiel, Fem* Sound Connection. Natürlich legen diese Crews dann auch bei uns auf.

Das Betreiben eines Soundsystems hat neben der Musik viel mit Technik zu tun. Stellt bitte eure aktuelle Hardware für die technisch interessierten Leser*Innen vor.

Das Wichtigste zuerst: wir haben 12 spezielle 18″ Basshörner, die wir vor kurzem mit RCF LF18x401 Treibern aufgerüstet haben. Die Gehäuse mit diesen Treibern sind sowohl für Sub-Bass als auch für Kick-Bass tauglich. Die Gehäuse der 15″ Electro Voice Mittenlautsprecher nennen wir wegen ihrer Form liebevoll „Särge“. Unsere neuesten Speaker sind Mittelton-Hochton Koaxialhörner mit BMS 4590 Treibern. Diese Speaker haben den Klang von Stimmen, Instrumenten und Percussion stark verbessert. Freunde von uns basteln an riesigen Multi-Cell Hörnern für die BMS4590 Treiber – aber das wird sicher noch ein Weilchen dauern. Über den Koax-Hörnern haben wir noch zwei 1″ Tweeter aufgestellt.
Im Rack haben wir zwei Behringer Frequenzweichen, damit wir genug Kanäle zur Verfügung haben, um das Soundsystem in Stereo zu fahren. Die digitalen Behringer Weichen zeichneten sich früher durch hohe Flexibilität bei niedrigem Preis aus. Die Amps sind nichts besonderes, alte Schule mit großen schweren Trafos. Wir benutzen meistens ein Rig-Smith PIF-1 (Parametric Isolator / Filter), um ein bisschen Dub-Preamp Feeling beim Operaten zu haben. Dabei diskutieren wir jedes Mal die Frage, ob Stereo-Sound oder die Preamp-Features wichtiger sind. Eine Option für beides haben wir bis dato nicht gefunden. Dazu alarmieren wir mit der Rack Version der NJD Sirene von Rig Smith.
Wir bauen meistens zwei Plattenspieler auf und benutzen unseren Allen & Heath x:one 96 Mixer. Mit den zwei Aux Wegen, die der x:one 96 bietet, können wir leicht Effektgeräte einbinden. Zudem ist der Vorteil, dass Gast-DJs sich schneller zurecht finden. Häufig benutzen wir ein Boss RE-20, welches das berühmte Space Echo von Roland nachbilden soll. Außerdem kommen wechselnde selbstgebaute Effekte zum Einsatz, zum Beispiel Sirenen und Synare-Drums.
Die Quelle des Musiksignals ist ja bekanntlich die Plattenrille und der Tonabnehmer in Kombination mit dem Plattenspieler-Vorverstärker. Wir sind dabei uns High-End Phono Preamps zu bauen, um einen noch besser aufgelösten Sound zu erzielen. Ein Phono-Preamp basierend auf Feldeffekt-Transistoren, die eine ähnliche Klang-Charakteristik wie Röhren aufweisen.
Innovation und astreiner Klang sind bei Hibration wichtiger als Bassrutschen zu besitzen.

Alleine schon logistisch ist ein Soundsystem herausfordernd. Wer macht bei euch was? Wer legt auf, wer macht die Flyer, wer baut auf etc.?

In der Regel veranstalten wir komplett selbstorganisierte Partys an unkommerziellen Orten. Im Vergleich zu Veranstaltungen in “kommerziell betriebenen Locations” gibt es viele zusätzliche Aufgabenbereiche. So muss die Bar meistens selbst organisiert und eingerichtet werden und nach der Party müssen wir die Location selbst reinigen. Der Vorteil ist, dass wir so die Party komplett nach unseren Vorstellungen gestalten können und dass es keine Umsatz-Ziele für die Bar und keinen Eintritt gibt, weil die Location zum Beispiel mitverdienen muss. 
Die einzelnen Crew Member haben wechselnde Aufgabenbereiche, je nach Kapazitäten oder aktuellen Interessen. Dabei achten wir darauf, geschlechtstypische Aufgabenverteilungen zu vermeiden. Und seit den letzten Jahren gelingt das immer besser – Aufbau und Verkabelung sowie Aufgelegt und Ansagen werden bei uns nicht mehr nur von den Männern gemacht. Das freut uns sehr.
Die wichtigsten Bereiche sind die Organisation und die Absprache mit der Location, Auf- und Abbau, Sound- und Lichttechnik, Awareness- und Secu-Arbeit, Tür- und Tresenschichten, Promotion und Social Media Arbeit und Artist Betreuung.
Nebst regelmäßigen persönlichen Plena nutzen wir verschiedene Online-Plattformen zur Organisation unserer Veranstaltungen, um dadurch auf die Infos der vergangenen Jahre zugreifen und Abläufe verbessern zu können. Aber egal wie gut mensch plant: es kommt sowieso immer anders..

Welche Visionen habt ihr für euer Soundsystem? Was steht demnächst an?

Wir haben angefangen, Teile des Soundsystems zu lackieren und einen coolen Effekt-Lack ausgesucht, den wir später auch noch mit Klarlack versiegeln wollen. Deshalb steht noch einiges an Arbeit an, bis wir damit zufrieden sind.
Natürlich veranstalten wir jetzt wieder regelmäßiger Partys. Im Juni haben wir endlich wieder bei 48h-Wilhelmsburg outdoor gespielt, das waren richtige Festival-Vibes. Vielleicht gibt es im September 2022 wieder einen Alternativen Hafengeburtstag – die Planungen hierfür laufen noch. Wir haben auch ein paar Bookinganfragen aus anderen Städten. Leider ist es durch die gestiegenen Transportkosten schwierig geworden für einen Gig das ganze Hibration Soundsystem durch halb Deutschland zu fahren.
Langfristig wollen wir uns hinsichtlich Awareness und Gleichstellung weiterbilden, um besser gewährleisten zu können, dass unsere Dances so safe wie möglich sein können. Zudem arbeiten wir daran, mehr nicht-Männer mit technical-skills und in unseren Reihen, sowie mehr FLINTA*-DJs und MCs an unseren Decks zu haben. Auch wollen wir uns weiterhin mit Diskriminierung in und durch Musik und der Musikszene auseinandersetzen.
Und generell wollen wir darauf achten laut und bunt zu bleiben, unser lokales Netzwerk zu pflegen und weiter an guten Vibes innerhalb der Crew zu arbeiten – denn Crew Love is True Love!

Was würdet ihr Leuten raten, die selbst in der Soundsystem Szene aktiv werden wollen?

Wenn eine einzelne Person in der Szene mitmischen will, kann sie sich an ihr lokales Soundsystem wenden – eigentlich kann mensch sich in den meisten Crews in irgendeiner Form beteiligen. Das ist sicher ein guter Einstieg.
Wer natürlich ab dem ersten Tag in der Primetime auflegen möchte, kommt schnell auf die Idee ein ganz eigenes Soundsystem zu gründen und selbst Partys zu veranstalten. Wir glauben, dass eine größere und vielfältigere Crew viele Vorteile hat, auch wenn mal eine Besprechung etwas länger dauern kann, wenn mehr Leute dabei sind. Denn es gibt so viele Aufgabenbereiche, vor allem wenn mensch in alternativen Locations die komplette Arbeit selbst organisieren muss. Mit einer größeren Crew kann das Soundsystem länger Bestand haben, weil ausgeglichen werden kann, wenn einzelne Crew-Member weniger Zeit haben oder ganz aufhören, weil sich ihre berufliche oder private Situation mit der Zeit verändert hat.
Aus unserer Sicht ist es essentiell sich als Kollektiv zu organisieren und private Eigentumsverhältnisse innerhalb des Soundsystems zu vermeiden. Entscheidungen sollten gemeinsam (im Konsens) getroffen werden. Es sollte Raum für Diversität in jeder Hinsicht geben, denn das ist eine Stärke, die sich auszahlt! Als Crew sollte sich aktiv damit beschäftigt werden, wie Geschlechter- und Wissenshierarchien abgebaut und Wissen innerhalb der gesamten Gruppe weitergegeben werden kann. Wer als Soundsystem-Crew in den kulturellen Fußstapfen der Afrikanischen Diaspora wandelt, sollte sich auch mit der Geschichte von Kolonialisierung, Ausbeutung und Diskriminierung auseinandersetzen und daran arbeiten, diese nicht zu reproduzieren.
Last but not least finden wir es wichtig, den zwischenmenschlichen Zusammenhalt in der Gruppe zu pflegen, indem mensch sich als Crew Zeit für gemeinsame Unternehmungen außerhalb des Partykontextes nimmt. “Sich Zeit nehmen” ist ein gutes Stichwort, denn: “the race is not for the swift, but for who can endure it”.

Interview: IrieItes-Crew/Ralf Neumann (07/2022)

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About Rall-Fi

RALL-FI is an selector, lightman, promoter. He is part of IRIEITES-Germany and BASSMENT SESSION CREW in Frankfurt. Back in the days he started as a graffiti writer and hiphop DJ in 1997 in East Germany.