New Kingston “A Kingston Story: Come From Far” (Easy Star Records)

Album-Nachlese 2017

An dieser Stelle geht’s nicht um brandneue Alben, sondern um einige gute Alben aus 2017, die nachträglich besprochen gehören & hier zu gebündelten Besprechungen zusammengefasst sind. In den nächsten Tagen folgen hier u.a. Stonebwoy, Cali P, Common Kings und Dactah Chando.

Oft fallen einem gute Sachen erst auf, wenn die Bands dann auch nach Deutschland kommen, Beispiel auch die Common Kings, oder wenn man sich abseits der “großen” Namen aus Jamaika auch mal mit Bands aus der Schweiz, Ghana oder – wie hier – New York beschäftigt.

New Kingston
“A Kingston Story: Come From Far”
(Easy Star Records – 2017)

Das Quartett New Kingston ist irgendwie dann doch ein Quintett. Und es ist eine Familiensache. Der Vater des Keyboarders und des Schlagzeugers (die sind Brüder) hebt den Altersschnitt. Der Vater, Courtney Panton, Sr., Bassist bei New Kingston, ist ein ausgewanderter Jamaikaner. In New York war zu der Zeit, als er dorthin migrierte, Funk & Disco angesagt: Earth, Wind & Fire – um ein Stichwort zu nennen. Mit Cover-Songs dieser Band (Hits waren “Boogie Wonderland”, “After The Love Has Gone”, “Electric Nation”, “Fantasy”, “September”) ging’s für New Kingston los. Beispielsweise. Funk-Anleihen finden sich immer noch in manchem Intro und Instrumental-Abschnitt der eigenen Songs.

Hier mal die aktuelle Single “Honorable And The Beast” in der Edel-Akustik-Version der zur Zeit recht im Kommenden befindlichen Sugarshack Sessions:

Im Arrangement mit voller elektronischer Verstärkung und in Studio-Abmischung macht diese Gruppe fast schon Stepper Style. Auf dem aktuellen Longplayer “A Kingston Story” geht es z.B. um “Meditation”, einer der charismatischeren Songs. Die Botschaft, typisch Modern Roots: “Negativity” beiseite zu lassen und den “head up to the sky” zu richten, wie eine weibliche Stimme in einem Jazz-Intermezzo auf afrikanischem Trommelrhythmus uns in die Ohren flößt. Wir fühlen uns gut auf der Yoga-Decke beim Zuhören.

“Inhale exhale inhale exhale exhale”. Das Thema Hanf ist ihnen in vielen Songs einige Zeilen wert. Sie haben aber auch ein paar unentschlossene Songs….

Auf “Reggae Music’s Playing”, dem vorletzten Song, sind sie von angesagten Acts wie Morgan Heritage oder Raging Fyah nicht weit entfernt. Mir fehlt es manchmal an Leichtigkeit im Gesang. Der kommt gequält und näselnd in diesem Neo-R’n’B-Timbre daher und könnte Roots-Fans verschrecken.

Was sie gut können, ist ein Bass- & Beats-Korsett über viele Minuten lang aufrecht erhalten und eine trance-artige Stimmung zu erspielen. Treibende, entspannte Musik. Vielleicht auch die Richtung Midnite/Akae Beka, jedenfalls der Wirkung nach.

Auf jeden Fall liefern sie melodiösen Sound ab, der gerade Fans außerhalb des Roots-Lagers erschließen könnte. Da sind dann auch mal Synthie-Streicher in der Musik, was man auch eher aus dem Soul-Pop-Bereich kennt. Das Tolle ist, dass sie ein Gefühl für Wirkungen und Stimmungen haben und das auf der Bühne prima entfalten können.

Quelle: Easy Star Records

Geübt haben sie das u.a. auf Tour mit Collie Buddz.

Mit “Kingston Fyah Dub” befindet sich am Ende noch eine recht gelungene Abrundung. Macht man heute wieder so, hinten noch ‘nen Dub dran, siehe z.B. Nattali Rize, “Rebel Frequency”. Durchaus sympathisch.

Die Texte sind so lala, im erwartbaren Bereich, aber teilweise durchaus poetisch. Konkretere Aussagen als die üblichen Rasta-Nachahmer-Zitate sollte man aber besser nicht erwarten.

Live in Deutschland sind New Kingston am ersten August-Wochenende auf dem Reggae Jam in Bersenbrück. Über weitere Dates halten wir euch auf dem Laufenden. In der Schweiz treten sie beim Afro-Pfingsten Festival in Winterthur auf. Nach Frankreich kommen sie an die Atlantikküste zum Reggae Sun Ska Festival im Raum Bordeaux.

“A Kingston Story: Come From Far” ist ihr vierter bzw. fünfter Longplayer. Für hartgesottene Fans ist es als Kombi aus Vinyl, CD & Kapuzenpulli im Army-Look unter dem Namen “Come From Far Bundle 3” erhältlich, die Band hat bereits ein Logo und versucht sich zur Marke zu machen.

(c) New Kingston Music

Album-Diskographie:

  • 2018, A Kingston Story – dort zu Gast Pressure Busspipe
  • 2016, Kingston Fyah (EP)
  • 2015, Kingston City – dort u.a. zu Gast Sugar Minott sowie Mitglieder der Tribal Seeds (die am 8.6.18 ein neues Album rausbringen)
  • 2013, Kingston University – dort zu Gast J Boog
  • 2010, In The Streets – dort zu Gast Collie Buddz, Mr Vegas 

Philipp Kause

About Philipp Kause

Philipp hat Musikethnologie studiert und verschiedenste Berufe in Journalismus, Marketing, Asylsozialberatung und als kaufmännischer Sachbearbeiter ausgeübt – immer jedenfalls stellt er Menschen Fragen. Er lebt zurzeit in Nürnberg, wo er die Sendung „Rastashock“ präsentiert, die seit 1988 auf Radio Z läuft.