Akae Beka
“Nurtured Frequency”
(Haze St Studios – 2018)
Kann man der Welt zu viel sagen? Gibt es für den Menschen ein Limit, was er besingen oder worüber er schreiben kann? Und wenn man einmal diese Obergrenze erreicht oder überschritten hat, dass man lieber aufhören sollte, ja, aufhören müsste? Bei Vaughn Benjamin alias Akae Beka ist das Verlangen, sich der Welt mitzuteilen scheinbar noch lange nicht gesättigt. Obwohl er bereits mit seiner früheren Band Midnite über sechzig Veröffentlichungen hinter sich hatte, zählt seine Solokarriere in nur drei Jahren schon sieben Alben. Wahrlich ein unglaubliches Output legt dieser Sänger und Songwriter von der karibischen Insel St. Croix an den Tag.
Aber für Akae Beka gelten menschliche Maßstäbe schon lange nicht mehr. Wie niemand sonst versteht er dem Reggae eine spirituelle, fast esoterische Note zu verleihen. Es ist so, als hätte er einen göttlichen Feed angezapft und – wie das sprichwörtliche Orakel von Delphi – einfach weiterleitet, was er von oben vermittelt bekommt. So auch in seinem neuen Album “Nurtured Frequency”, den er zusammen mit Leuten aus dem Haze Street Studio Label aufgenommen hat und mit welchen er schon an vorhergegangenen Alben “Livication” und “Portals” vor zwei Jahren zusammen gearbeitet hat. Hypnotische Bässe taumeln wie überlebensgroße Kolosse im Hintergrund, begleitet von schillernden Keyboard Passagen, wie im psychedelischem Stück “Superstructures”. Oder gibt sich Akae Beka ungewohnt rhythmisch wie im “Holy JAH”. Er ist hier sogar experimentierfreudig wie im Song “Diseased” mit modifizierter Stimme, wo sein Gesangstil noch jenseitiger rüber kommt.
Überhaupt zeichnen sich seine Soloalben – so auch dieser – musikalisch in einem weitaus bodenständigem und konventionellem Modus mit ausgeprägteren Harmonien und Rhythmen aus, als zu Midnite-Zeiten, wo jedes Einzelne eine regelrechte Rastafari-Séance war, deren minimalistischem Bann sich nur ein entweder stummer oder vollkommen ignoranter Mensch entziehen konnte – auch wenn sie zum Schluss voneinander schwer zu unterscheiden waren. Aber das Musikalische stand für Benjamin Vaughn wahrscheinlich nie ganz oben in der Liste der Prioritäten, sondern das Gesungene, oder wie in seinem Fall in einer fast liturgischen Manier nieder gesprochenen Lyrics, die zum Teil nur für Eingewiesene in seine Welt von geheimer Geschichte und tief verwurzelter Religiosität zu entziffern möglich sind. Nichtsdestotrotz liefert er mit “Nurtured Frequency” ein, für seine Verhältnisse kurzweiliges Werk, das zwar nicht sein bestes, aber auch nicht sein schlechtestes ist.
Zvjezdan Markovic