Ostroda Reggae Festival 2019 – Highlights #1

Ostroda Reggae Festival

Das Reisen nach Ostroda ist für einige Mitglieder unserer Crew eine immer wiederkehrende Abwechslung von den Festivals, die man ansonsten so auf dem Schirm hat. Ostroda liegt direkt an einem See in Masuren. Jedes Jahr wird der Ort zum Schauplatz des Ostroda Reggae Festivals, das mitten im Ort stattfindet. Insofern ist das Festival vom Charme her dem Reggae Jam ganz ähnlich – nur kleiner. Neben internationalen Acts treten viele polnische Künstler auf, die belegen, dass Polen eine sehr aktive Szene aufzuweisen hat. Und die wird von dem anwesenden Publikum ausgiebig gefeiert. Auch in diesem Jahr hatte das Festival einige sehr spannende und intensive Momente zu bieten. Im folgenden Bericht zu den Highlights der ersten beiden Tage werde ich Spotlights auf die Artists werfen, die nicht nur mich persönlich nachhaltig begeistern konnten.

Donnerstag, 11.7.19

Das Festival beginnt am Donnerstag direkt am See in einem großen Amphitheater. Hier dominieren immer wieder polnische Künstler, was sicher auch für die Bewohner Ostrodas ganz interessant ist und Brücken baut. In diesem Jahr standen die Skank Ranger Allstars, Ayarise, Duberman feat. Hornsman Coyote, Vavamuffin sowie K-Jah zusammen mit Tamika auf der Bühne. Bei den Skank Ranger Allstars handelte es sich um den lokalen Soundsystem-Nachwuchs, der mit etlichen Riddim-Klassikern und vielen, auf polnisch gesungenen Beiträgen eine recht gute Figur abgab. Ayarise aus Lublin hatte im vergangenen Jahr mit dem Album “Nothing To Hide” über die Grenzen Polens hinaus für ein wenig Aufmerksamkeit gesorgt, da die Musik sehr fein daher kommt und vor allem die Texte auf Englisch gesungen wurden. Artur Zwierzchowski, der Leadsänger der Band überzeugte auch an diesem Abend mit seiner sehr warmen, souligen Stimme. Die gesamte Band präsentierte sich äußerst quirlig, musikalisch versiert und zum Aufbruch bereit.

Duberman feat. Hornsman Coyote war für mich persönlich das Highlight an diesem Abend. Auch wenn Duberman den ersten Teil des Sets eher solide spielten, wurde es mit dem eingeladenen Gast aus Serbien auf einen Schlag richtig gut. Hornsman Coyote präsentierte sich in Bestform. Vor allem mit seinen extrem virtuosen Fähigkeiten an der Posaune, dem Instrument, das ihn weltweit zu einem gerne gebuchten Musiker gemacht hat. Er ist daher auf etlichen Produktionen zu hören, so zum Beispiel auf Lee Perrys Album “Back On The Controls” (2014) oder der erst kürzlich erschienenen Kooperation mit Pablo Raster auf “Sound Deliverance”. Aber auch gesanglich haute es an diesem Abend richtig gut hin. Das anwesend Publikum hat ihn wie einen Star gefeiert. Zu Recht! An etlichen getragenen Hornsman Coyote-T-Shirts war abzulesen, dass eine große Anzahl von Fans anwesend war.

Den Abschluss des Abends im Amphitheater gestalteten K-Jah und Tamika. Etwas gewagt, weil die Bühne für eine Soundsystem-Show deutlich zu groß ist. Dennoch: Tamika spielte mit dem Publikum, zeigte eine extrem professionelle Präsenz und kam sehr sympathisch rüber. Als Gast war u.a. der Amerikaner Christos DC anwesend, der eine Kostproben von seinem Können gab. Ein angenehmer Ausklang für den ersten Abend.

Freitag, 12.7.19

Für mich persönlich fing der zweite Tag des Festivals mit Etna Kontrabande aus Polen an. Zuvor hieß es, den Ort am Wasser bei angenehmen Temperaturen zu genießen. Das Festival war mittlerweile auf ein altes Kasernengelände im Ort umgezogen, wo es jedes Jahr so richtig amtlich los geht. Die Band war mir vorher unbekannt. Umso mehr war ich von deren kraftvollen Riddims beeindruckt, die manchmal sogar an die früheren Auftritte von Seeed erinnerten. Gut gemacht, gelungen und für den darauf folgenden Auftritt von Gentleman’s Dub Club aus dem Vereinigten Königreich ein gelungener Warm-Up.

Die Briten haben gleich von den ersten Takten an mächtig gepumpt, angezogen in edlem Zwirn mit Schlips. Im Zentrum ihres Auftritts war selbstverständlich das aktuelle Album “Lost In Space” – nebst etlichen Klassikern aus ihrem Backkatalog. Auffallend war die Mischung aus Singalong-Songs und deppem Dub – extrem kraftvoll und virtuos dargeboten. Manchmal gab es auch reinen Dub auf die Ohren. Ideal für ein Reggae Festival also. Jonathan Scratchley, der Leadsänger der Band, entpuppte sich einmal mehr als äußerst sympathische Rampensau und hatte das Publikum fest im Griff. Wirklich sehr sehr toll!

Direkt nach dem kraftvollen Auftritt von Gentleman’s Dub Club ging es mit Rootsreggae weiter. The Congos waren anwesend und haben zusammen mit Pura Vida aus Belgien für eindringliche Momente gesorgt. Die gemeinsame Zusammenarbeit begann 2011 mit dem Album “We Nah Give Up” und hat allen Beteiligten hörbar gut getan. Die Congos bestehen heutzutage aus vier Sängern: Cedric Myton, Congo Ashanti Roy, Watty Burnett und Kenroy Ffyffe. Alle waren an diesem Abend anwesend und haben mit ihrer Musik die Wurzeln und Kraft von Rootsreggae sehr deutlich gemacht. Die Backings von Pura Vida passten prima und haben erahnen lassen, wie viele gemeinsame Sessions bereits hinter allen liegen.

Nach The Congos & Pura Vida spielte mit Bakshish noch eine der derzeit “ältesten” Bands Polens auf der großen Bühne. Viel Erfahrung und etliche nationale Reggae-Hits trugen sie durch ihr Programm.

Auf der kleineren Bühne, der Green Stage, hatte Moonshine Recordings den ganzen Tag das Sagen. Mack, der Kopf des Labels, hat selbst ein illustres Programm hingelegt. Daneben gab es Auftritte von Pandadread, Alpha Steppa und Radikal Guru. Selten sieht und hört man so ein dichtes, experimentierfreudiges Programm an einem einzigen Abend. Und genau das mach das Ostroda Reggae Festival aus – eine Vielzahl an Klängen, die allesamt im Offbeat verwurzelt sind und gleichzeitig prominent nebeneinander stehen.

Text & Fotos: Karsten Frehe

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.