Black Roots „Nothing In The Larder“ (Nubian Records)

Black Roots
„Nothing In The Larder“
(Nubian Records – 2021)

Es klingt wie aus einer vergangenen Zeit. Und das ist es auch. Damals Ende der 70er konnte man tatsächlich noch allein durch paar Fernsehauftritte und Radioshows zu Popularität kommen. Kein Social-Media-Marketing, keine Klicks und Streamings waren sonst vonnöten, um die eigene Message an große Anzahl von Leuten zu bringen. Dafür musste man sich aber abrackern, das Land rauf und runter fahren und manchmal bis zu vier Gigs pro Woche absolvieren. So, wie es die Black Roots getan haben.

Das England an der Schwelle in die 80er Jahre war eine Gesellschaft im Umbruch. Der Aufstand von Brixton, dem Stadtteil Londons, von wo auch die Band ursprünglich kommt, bei dem sich die Afrokaribische Community im Jahre 1981 gegen Arbeitslosigkeit und Rassismus auflehnte, sollte später in die Geschichte eingehen. Spätestens dann war allen klar geworden, dass es so nicht weiter gehen konnte. Und doch hat sich seitdem bis heute nicht viel zum besseren gewandt, nicht zuletzt dank der Hexe Margaret Thatcher und ihren späteren Nacheiferern.

Denn die wieder aktivierten Black Roots, versammelt um die Veteranen Errol Brown (Gesang), Jabulani Ngozi und Cordell Francis (Gitarre) müssen immer noch, auch vierzig Jahren danach und über ein Dutzend Alben später, davon singen, dass die Leute nichts in der Speisekammer haben („Nothing In The Larder“). Statt blühenden Landschaften herrschen weiterhin Crack, Kriminalität und institutionalisierte Hilflosigkeit über das Geschehen.

by Hacker Photography

Von Erleuchtung und leeren Kühlschränken

Doch, statt womöglich infrastrukturelle Verbesserungen einzufordern und zu fördern, um das existenzielle Problem der leeren Kühlschränke zu meistern, machen sich Black Roots lieber dafür stark, die innere Erleuchtung durch Cannabis-Legalisierung voranzutreiben („Enlightenment“). Es ist diese klischeebehaftete Dauerschleife, derer sich Black Roots auf ihrem neuen Album „Nothing In The Larder“ bedienen, die auch eine mögliche Antwort darauf liefern könnte, warum sich nichts ändert und alles so bleibt, wie es ist. ‚Who is to blame?‘ – fragen sich die Black Roots etwas ratlos in Songs wie „Xaymaca“ auch, ohne anschließend zu einer zufriedenstellenden Lösung zu kommen.

Aber dies sind auch tiefgründigere Grübeleien, für die es zwischen diesen elf neuen Songs auch nicht wirklich einen Platz zu geben scheint. Denn, wie auch die Lage aussichtslos und düster zu sein vorgibt, die Freude am angestammten Roots Reggae lassen sich diese betagten Herren nicht nehmen. Die seriell abgefertigten Riddims lassen sich unter keinen Umständen aus der Fassung bringen und plätschern dahin zur banalen Glückseligkeit. Gemütvolle Gitarren- und Bläserparts versüßen dieses sich-selbst-genügende Zusammenspiel, das für einen Außenstehenden wenig Spannung bietet.

Aber die Black Roots haben es auch nicht nötig, irgendetwas irgendjemanden zu beweisen. Sie fühlen sich anscheinend angesichts der Lage berufen, weiterzumachen. Auch, wenn Errol Browns Stimme stellenweise die Kraft auszugehen droht und mit der Inspiration es auch nicht mehr klappt wie früher. Für ihren Spirit und Hingabe sind die Black Roots immer noch trotzdem zu beneiden.

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)