The Hempolics “Kiss, Cuddle & Torture Vol. 2” (Zee Zee Records)

The Hempolics
“Kiss, Cuddle & Torture Vol. 2”
(Zee Zee Records – 2020)

Drei Jahre sind vergangen. Mit dem Album „Kiss, Cuddle & Torture Vol. 1“ hat sich die quirlige und äußerst kreative Band aus London 2017 sehr eindrucksvoll zu Wort gemeldet, nachdem schon etliche Síngles im Vorfeld für ein Aufhorchen gesorgt hatten, wie z.B. “Me Love To Sing”, “Take It Easy” oder “Boss Clock Me Style”. Und auch beim zweiten Album der Band gab es etliche, vielversprechende Vorboten. Eine vorherige Auskopplung war zum Beispiel der Song “Full Of Surprises”, der sich an den dunklen Seiten des Trip-Hops orientiert und Nubiya Brandon, die Sängerin der Band, in exzentrischer Bestform präsentiert. Weitere Tunes mit ganz anderen musikalischen Geschmacksrichtungen sollten folgen. Eklektizismus ist schon immer das Ding der Hempolics gewesen – mal melancholisch, mal fluffig, dann wiederum ein Mix aus allem.

Auf dem neuen Album wird wieder ein facettenreiches Klangbild präsentiert. Dub und Reggae sind auf jeden Fall wichtige Bestandteile ihrer Melange, doch oft geht es weit darüber hinaus in Richtung Bristol Sound, Trip-Hop, Soul, Downbeat, Indie und Pop. Schubladen sind also so gar nicht ihr Ding! Sucht man nach Vergleichen in der Musikgeschichte sind Massive Attack nicht weit. Es wird mit Sounds und Stimmungen experimentiert, immer wieder auch etwas gewagt. Damit könnten die Hempolics auch mit dem neuen Album das nächste große Erlebnis in Sachen Innovation sein, wenn genug Menschen hinhören.

Der Titel der beiden Alben ergibt sich aus dem Produktionsprozess. Grippa, der Kopf der Band, sagt hierzu: “Einige Songs sind explosiv wie ein Kuss und funktionieren sofort, mit manchen muss man erst ein wenig kuscheln, während es bei anderen sehr sehr lange dauert, bis sie endlich fertig werden. Sie sind die Tortur!”. Genau dieser Prozess ist auch dem neuen Kapitel anzuhören. Hier wurde nicht mal eben “von der Stange” produziert, sondern viel Zeit investiert, um die Songs in die endgültige Form zu bringen.

Zur Musik kommen gut ausgewählte Stimmen dazu, allen voran die von Nubiya Brandon, die immer wieder markante Akzente setzt. Nachzuhören u.a. bei „Full Of Surprises“ oder dem epischen und ebenfalls sehr düsteren, überlangen Tune “The Enemy” (mit Dubmatix am Bass), der das Album beendet. Dandelion und Harry Collier, die beiden anderen Stammsänger und Bandmitglieder der Hempolics, sind ebenfalls wieder mit dabei. Hinzu kommen Gäste, wie zum Beispiel Franz Jobe, Cojack und Dan Bowskill (Dub Pistols).

Was mich vor allem an der Musik der Hempolics begeistert und auch das vorliegende Album so besonders macht, ist die hohe Qualität und Vielseitigkeit der Musik, die immer wieder aus dieser Quelle ans Tageslicht dringt. Während sich andere Künstler und Bands auf bewährten, kommerziell erprobten Pfaden bewegen und den Blick in andere Dimensionen scheuen, wird hier einfach gemacht, ausprobiert und versiert gespielt. Tipp!

Karsten Frehe

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.