Dubvisionist meets Dubblestandart & Firehouse Crew “Present Reggae Classics” (Echo Beach)

Dubvisionist meets Dubblestandart & Firehouse Crew
“Present Reggae Classics”
(Echo Beach – 2020)

Das haben wir doch alle, nicht wahr? Songs oder gar ganze Alben, die sich bei uns eingebrannt und maßgeblich zu unserem Musikgeschmack beigetragen haben. Welche Tunes es bei Paul Zasky waren, dem Bandleader und Bassisten der österreichischen Formation Dubblestandart, hat er im letztjährigen Album „Dubblestandart & Firehouse Crew Present Reggae Classics“ als neu aufgelegte Versions preisgegeben.

Auch wenn es bei Paul Zasky wahrscheinlich viel mehr sind, hat er sich bei der Auswahl auf die, aus heutiger Sicht, relevanten Songs beschränkt. Twinkle Brothers’ „I’m No Robot“, „Babylon The Bandit“ von Steel Pulse oder „Hypocrite“ von Matumbi haben heute noch dieselbe Gültigkeit wie damals bei ihrer Entstehung. Wobei die Prämisse des Albums, einige Klassiker des Reggae in weniger aussagekräftigen Neuauflagen zu servieren, am problematischsten war. Doch hier wird’s dann etwas komplizierter.

Das Grundgerüst der Songs wurde im jamaikanischen Anchor Studios von der legendären Firehouse Crew gelegt und anschließend von Robbie Ost, mitsamt den dazugehörigen Dubs, in seinem Wiener Studio abgemischt. Daraufhin wurden zwei der Tracks auf dem Album „Paolo Baldini Dubfiles Meets Dubblestandart“ neu aufgemischt, wobei der Italiener es gemanagt hat, die nicht sonderlich gelungenen Stücke in einem ganz neuen und viel aufregenderen Licht zu präsentieren.

Felix Wolter aka Dubvisionist legt mit diesem Album noch einen drauf und hat die ursprünglichen sieben Songs des Albums einer gänzlich neuen Dub-Therapie unterzogen. Eine Entschlackungskur, wo alles Unnötige weggelassen wurde, zählte genauso dazu, wie auch eine klangtechnische Schönheitsoperation, bei der die Stücke auf einmal überlebensgroß zu klingen schienen. Bei Felix Wolter treten dieselben Bässe nun so fett auf, dass sie die Möbel im Raum gegen die Wände drücken. Vor allem aber sind Paul Zaskys Vocals wie von Geisterhand verschwunden und deren Überreste flimmern nun wie jenseitige Überbleibsel hin und her. Die breit gespannten Synth-Flächen wie in „I’m No Robot“ dominieren nun diese unwirkliche Sound-Landschaft, deren Ausdehnung unendlich zu sein scheint.

Ganz ohne viel Effekthascherei, setzt Dubvisionist eher auf flüssiges Ambiente, als auf spektakuläres Dub-Feuerwerk. In „Babylon The Bandit“ rollt ein gediegener, funkiger Beat, so als würde man hier einen etwas zu verrückt geratenen Caffe del Mar Schaukelsong zu hören bekommen. Andernorts kommt der schwere, typisch runtergestrippte One Drop zum Vorschein wie in „Hypocrite“, der mit massiven und in der Intensität anschwellenden Sound sogar gewisses Unbehagen und eine Drohkulisse aufzubauen vermag.

Die rücksichtslose Experimentierfreude, die Felix Wolter aka Dubvisionist hierbei an den Tag legt, ist erschreckend. Mit geballter Dub-Kraft fegt er über die bestehenden Songs hinweg und wühlt sie um in etwas ganz Neues. Es ist nicht nur eine gelungene Rehabilitierungsmaßnahme für ein nicht gänzlich bis zum Ende durchdachtes Album, sondern auch eine Machtdemonstration des Dub an sich.

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)